Das Nachlassverzeichnis – Definition, Arten und Inhalt

Das Nachlassverzeichnis (auch Bestandsverzeichnis genannt) spielt im deutschen Erbrecht eine zentrale Rolle.

Die gesetzlichen Grundlagen ergeben sich aus § 260 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Gemäß § 260 Absatz 1 BGB muss ein Bestandsverzeichnis immer dann erstellt werden, wenn jemand ein Erbe antritt und zur Herausgabe einer Sache aus einem Nachlass verpflichtet ist oder Auskunft über den Bestand des geerbten Vermögens geben muss. Durch § 260 Absatz 2 BGB wird der Ersteller verpflichtet, seine Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht zu haben. Hiervon kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn die Sache, die herausgegeben werden soll, nur von geringer Bedeutung ist.

Ein alter Mann in Nahaufnahme schaut nachdenklich in die Kamera.
Der Ersteller eines Nachlassverzeichnisses ist verpflichtet, seine Angaben nach bestem Wissen und Gewissen zu machen.

Wann sollte ein Nachlassverzeichnis erstellt werden?

Ein Nachlassverzeichnis erstellen z.B. Erben, die aufgrund einer testamentarischen Verfügung des Erblassers einen bestimmten Gegenstand an einen Vermächtnisnehmer herausgeben müssen. Neben dem Vermächtnisnehmer dürfen auch Pflichtteilsberechtigte und Nacherben gegenüber dem Erben bzw. Vorerben die Erstellung eines Bestandsverzeichnisses verlangen. Die Erstellung eines Bestandsverzeichnisses empfiehlt sich zudem, wenn minderjährige Kinder erben oder der Erblasser einen Testamentsvollstrecker eingesetzt hat.

Das Nachlassverzeichnis wird in Eigenregie angefertigt. Hierzu erstellt der Erbe ein Inventar, das sowohl ihm selbst als auch dem Vermächtnisnehmer einen besseren Überblick über die positiven und negativen Vermögenswerte (z.B. Schulden) gewährt.

Bei der eigenen Anfertigung des Bestandsverzeichnisses muss der Ersteller zwingend einen Notar hinzuziehen, der ihn in den erbrechtlichen Angelegenheiten berät. Daneben bietet sich für den Erben die Möglichkeit, dass der Rechtsbeistand die Aufstellung über den Bestand des Vermögens komplett übernimmt.

Welche Rolle spielt das Inventar?

Die Inventarerrichtung ist gesetzlich im § 1993 BGB fixiert. Die Vorschrift legitimiert den Erben auch, das Inventar bei dem zuständigen Nachlassgericht einzureichen. Durch die Gesetzesnorm wird dem Erben aber nicht auferlegt, ein Inventar zu errichten. Dies geschieht freiwillig, solange ein Nachlassgläubiger nicht die Errichtung eines Inventars bei dem Nachlassgericht beantragt. In diesem Fall bekommt der Erbe von dem Nachlassgericht eine Frist gesetzt, in der er das Inventar errichten muss. Die Inventarfrist darf nicht weniger als einen Monat und nicht mehr als drei Monate betragen.

Ein altes Fotoalbum kann auch zum Inventar eines Nachlassverzeichnisses gehören.
Die Aufstellung des Inventars enthält alle Angaben zum Vermögen und zu den Schulden des Erblassers.

Ausstehende Forderungen müssen hier ebenso erfasst werden wie Rechnungen oder andere Verbindlichkeiten, die der Erblasser noch nicht getilgt hat.

Besteht der Nachlass eines Erblassers aus mehr Schulden als aktiven Bestandswerten, erhalten die Gläubiger mithilfe des Inventars Auskunft über alle ihre Forderungen.

Das Gesetz geht bei der Errichtung eines Inventars davon aus, dass der Erblasser keine weiteren Aktiva und Passiva zu vererben hatte.

Welche Arten können unterschieden werden?

§ 2314 BGB unterscheidet bei der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses das private Bestandverzeichnis und das notarielle Bestandsverzeichnis. Das private Bestandsverzeichnis erstellt der Erbe selbst. Das notarielle Bestandsverzeichnis wird von einem Notar angefertigt.

Der Erbe erstellt das Bestandsverzeichnis selbst

An ein Bestandsverzeichnis, das der Erbe selbst anfertigt, stellt das deutsche Erbrecht folgende formale Anforderungen:

Die Aufstellung über das Vermögen muss schriftlich abgefasst werden. Sie muss eine komplette Aufstellung über alle positiven und negativen Vermögenswerte enthalten.

Das Dokument muss die persönlichen Angaben des Erblassers enthalten. Hierzu zählen neben dem vollständigen Namen und dem Wohnsitz die Geburts- und Sterbedaten. War der Erblasser verheiratet, muss der Erbe auch Auskunft über den ehelichen Güterstand geben.

Wichtig ist, der Erbe das Bestandsverzeichnis eigenhändig unterschreibt. Hiermit dokumentiert er die Richtigkeit und die Vollständigkeit seiner Angaben.

Das Dokument darf nur in einer einzigen Ausfertigung vorliegen.

Auch wenn ein Erbe das Bestandsverzeichnis selbst erstellt, ist er dazu verpflichtet, rechtliche Auskünfte einzuholen. Ein Notar informiert ihn über die erbrechtlichen Anforderungen und den Inhalt der Aufstellung über den Nachlass.

Das Bestandsverzeichnis wird durch einen Notar erstellt

Lässt der Erbe das Bestandsverzeichnis durch einen Notar erstellen, ist sichergestellt, dass die Aufstellung sämtliche Aktiva und Passiva enthält. Allerdings muss der Erbe bei Beauftragung eines Notars auch mit höheren Kosten rechnen.

Der Inhalt des Bestandsverzeichnisses

Inhaltlich muss das Bestandsverzeichnis den vollständigen Bestand der Erbschaft in geordneter Form wiedergeben. Der Erbe muss alle positiven und negativen Werte des Nachlasses einzeln aufführen. Vorteilhaft ist es, wenn alle genannten Positionen mit den korrekten Wertangaben versehen sind. Ist die Bewertung einzelner Gegenstände für den Erblasser nicht möglich, muss er diese so genau wie möglich beschreiben.

Positive Vermögenswerte werden von den Verbindlichkeiten abgegrenzt. Zu den Aktiva zählen z.B. die folgenden Posten:

Ein ausgeschüttetes Glas mit Kleingeld - auch das gehört ins Inventar des Nachlassverzeichnisses.
Die Aufstellung über das Geldvermögen umfasst neben Bargeld auch Wertpapiere, Konten und Bausparverträge.

Barvermögen und andere Geldbestände

Der Erbe muss über alle Girokonten des Erblassers Auskunft geben. Die Aufstellung über das Geldvermögen umfasst auch alle Wertpapierdepots, Gemeinschaftskonten und Bauspar- oder Ratenverträge.

Grundstücke und Gebäude

Der Erbe muss Angaben über alle Grundstücke und Immobilien machen, die sich im Eigentum des Erblassers befanden. Hierzu zählen unbebaute Grundstücke, Eigentumswohnungen, Ein- und Mehrfamilienhäuser und alle Ferienimmobilien.

Ein Einfamilienhaus mit Garten zählt zum Inventar bei einer Bestandsaufnahme.
Häuser und Grundstücke müssen auch zum Inventar gezählt werden.

Persönliche Gegenstände des Erblassers

Zu den persönlichen Gegenständen des Erblassers zählen z.B. sein Auto, eine Münzsammlung oder andere wertvolle Gegenstände.

Hausrat

In der Aufstellung über den Hausrat erfasst der Erbe die Wohnungseinrichtung, wertvolle Gegenstände (z.B. Möbel oder Bilder) und Antiquitäten.

Unternehmen und Anteile an einem Betrieb

Hatte der Erblasser eine eigene Firma oder war er z.B. an einer GmbH beteiligt, muss das Bestandsverzeichnis über den Wert des Betriebsvermögens oder den Wert der Anteile Auskunft geben können.

Zu den weiteren positiven Positionen gehören die Forderungen des Erblassers, die noch nicht eingetrieben wurden. Die Forderungen können sich z. B. aus Steuererstattungen, Schadenersatzansprüchen oder Erstattungen der Krankenversicherung oder einer Lebensversicherung ergeben.

Die negativen Vermögenswerte stellen die Schulden des Erblassers da, die er bis zum Eintritt des Todes nicht begleichen konnte. Da diese Werte Gegenstand eines Erbes sind, muss der Erbe auch hierüber in dem Bestandsverzeichnis Auskunft geben.

Zu den Verbindlichkeiten zählen offene Rechnungen, Darlehensverbindlichkeiten und Unterhaltsforderungen. Daneben muss das Dokument auch die Steuerschulden und die Hypotheken enthalten, die der Erblasser aufgenommen hat.

Was kostet ein notarielles Nachlassverzeichnis?

Die Kosten für ein notarielles Nachlassverzeichnis richten sich nach dem Nachlasswert. Der Nachlasswert gibt den reinen Wert des Nachlasses wieder. Bei der Ermittlung des Nachlasswertes werden alle Verbindlichkeiten von den positiven Vermögenswerten abgezogen. Das Ergebnis dient dem Notar zur Bestimmung seiner Rechnung.

Bei einem Nachlasswert von 10.000 Euro beträgt die Gebühr des Notars z.B. 179 Euro.

Wurde ein Nachlasswert von 50.000 Euro ermittelt, steigen die Notarkosten auf 196 Euro an.

Ergibt sich ein Nachlasswert von 200.000 Euro, stellt der Notar eine Rechnung über 1.035 Euro aus.

Die Korrektur von Fehlern

Ein Strauß weißer Nelken auf weißem Tuch als Symbol für Beerdigung und die Zeit danach.
Stellt ein Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigter fest, dass das Inventar nicht vollständig ist, hat dieser das Recht darauf, eine Korrektur zu verlangen.

Es kommt vor, dass in einem privaten Nachlassverzeichnis nicht alle Vermögenswerte enthalten sind, über die der Erbe zu Lebzeiten verfügt hat. Stellt ein Vermächtnisnehmer oder ein Pflichtteilsberechtigter fest, dass die Bestandsaufnahme des Erben Lücken aufweist, kann er verlangen, dass die fehlenden Informationen ergänzt werden.

Dasselbe Recht kann eingefordert werden, wenn das Dokument fehlerhafte Angaben enthält. So wurde z.B. der Wert einer Immobilie mit 100.000 Euro angegeben. Der Marktwert des Hauses liegt aber bei 150.000 EUR. Um die Richtigkeit und die Vollständigkeit der Angaben zu gewährleisten, können Pflichtteilsberechtigte und Gläubiger aber auch verlangen, dass das Bestandsverzeichnis durch einen Notar erstellt wird.

Das Nachlassverzeichnis Muster

Mit einem Nachlassverzeichnis Muster lässt sich ein Nachlassverzeichnis erstellen, das den erforderlichen Inhalt enthält und mit den gesetzlichen Vorgaben konform ist. Entsprechende Vorlagen finden sich im Internet.